Unterschiedliche Technologien miteinander kombinieren
Bis 2030 sollen 80 Prozent des in Deutschland verbrauchten Stroms aus erneuerbaren Energien stammen. Experten prognostizieren, dass der Strombedarf – insbesondere in Wohnhäusern – stark wachsen wird. Steigende Energiepreise und die Angst vor einem Gaslieferstopp lassen viele Bauherren und Hausbesitzer darüber nachdenken, wie sie unabhängiger vom öffentlichen Netz, Energieversorgern und Preissteigerungen werden können. Welche Technologien dafür in Frage kommen, erklärt Marion Hinrichsen, zertifizierte Modernisierungs- und Fördermittelberaterin bei der VR Bank Westküste in der Niederlassung Raiffeisenbank Handewitt.
16 Prozent der 10,8 Millionen solarfähigen Ein- und Zweifamilienhäuser produzieren bereits eigene Energie. Fotovoltaikanlagen allein reichen aufgrund der geringen Anzahl an Sonnenstunden im Winter für eine ganzjährige Stromversorgung aber nicht aus. Daher kann nur eine Kombination mehrerer Technologien einen Haushalt das Jahr über möglichst eigenständig versorgen.
Speichersysteme: Im Sommer für den Winter vorsorgen
Was Fotovoltaikmodule auf dem Dach an Überschuss erzielen, kann durch Speichersysteme zeitlich versetzt verfügbar gemacht werden. Beliebt sind derzeit Lithium-Eisenphosphat-Batteriespeicher. Sie zeichnen sich durch Langlebigkeit, kurze Ladezeiten und einen hohen Wirkungsgrad aus. Außerdem enthalten sie weder Blei, Nickel noch Kobalt und sind sehr sicher in puncto Brandschutz. „Während sich Batterien für die kurzfristige Speicherung und Bereitstellung von Strom eignen, punkten Wasserstoffsysteme bei der Langzeitspeicherung. Denn: Ihre Speicherkapazität ist um das Hundertfache höher“, so Marion Hinrichsen.
Mithilfe eines wasserstoffbasierten Stromspeichers lässt sich eine CO2-neutrale Solarstromversorgung ganzjährig sicherstellen. An sonnigen Tagen werden die Überschüsse durch Elektrolyse in Form von grünem Wasserstoff langfristig gespeichert und im Winter als Strom und Wärme wieder freigegeben. Letzteres ist der entscheidende Vorteil: Die Abwärme der Rückwandlung kann durch die Einbindung des Speichers in das Warmwasser- oder Heizsystem ebenfalls genutzt werden. Zum Einsatz kommen Wasserstoffspeicher bisher aber nur vereinzelt.
Wärmepumpe: Energiesparende Wärmerückgewinnung
Die Wärmepumpe ist zuletzt immer beliebter geworden. Sie gewinnt Wärme aus thermischer Umweltenergie – je nach Modell aus Luft, Erde oder Grundwasser. Um die gebundene Wärme freizusetzen, wird Strom benötigt. In Kombination mit einer Fotovoltaik- und einer Solarthermieanlage bietet eine Wärmepumpe den idealen Ansatzpunkt für eine möglichst energieautarke Versorgung. Denn sie bezieht den selbstproduzierten Strom direkt aus der Anlage, heizt und sorgt für Warmwasser. Die Voraussetzungen für die Installation einer Wärmepumpe sind eine gute Dämmung sowie im Idealfall eine Fußbodenheizung. „In schlecht gedämmten Gebäuden mit hohem Energiebedarf kommt die Wärmepumpe oft gar nicht oder erst nach einer Dämmung in Frage. Denn für maximale Effizienz muss sie mit möglichst wenig Strom viel Wärme generieren“, erläutert Marion Hinrichsen.
Solarfassaden: Alternative oder Ergänzung zur Dachanlage
Solaranlagen auf Dächern versorgen bereits Millionen Haushalte mit Strom und Wärme. Platz zur Installation von Solarpaneelen bieten auch Hausfassaden. Der größte Unterschied zwischen Dach-Solaranlagen und Solarfassaden ist der Neigungswinkel. Während die Module auf dem Dach waagrecht angebracht werden, sind die Module von Solarfassaden senkrecht positioniert. Zwar ist der Ertrag einer senkrecht angebrachten Anlage im Sommer um ein Drittel geringer, im Winter bei flacher Sonneneinstrahlung ist er jedoch größer. Fest steht: Mit einer Solaranlage auf dem Dach und an der Hausfassade nimmt der Autarkiegrad stark zu.
„Der Schlüssel zu einem möglichst energieautarken Haushalt liegt in der Kombination mehrerer Technologien und Konzepte. Mit Fotovoltaik, Speichertechnologie, Solarthermie und netzbefreitem Heizungssystem wird die Selbstversorgung ganzjährig in großen Teilen möglich“, macht Marion Hinrichsen deutlich. Davon, sich als Privathaushalt vollständig von der externen Energieversorgung abzukoppeln, rät unsere Beraterin ab, denn im Zweifelsfall ist kein Zugang und somit kein Strom da. Ihre Empfehlung: Ein hoher Autarkiegrad mit der Möglichkeit, zu Spitzenlastzeiten auf das öffentliche Netz zuzugreifen.