Mit einer starken Bank durch die Pandemie

Die Jahre 2020 und 2021 waren und sind für viele Unternehmen und Unternehmer*innen in unserer Region eine der größten Herausforderungen in ihrer Firmengeschichte. Umso wichtiger, dass man in einer solchen außergewöhnlichen Situation den richtigen Bankpartner an seiner Seite hat. Wir sprechen darüber mit den Bereichsleitern für das Firmenkundengeschäft der VR Bank Westküste, Ocke Rickertsen und Falko Eisert, sowie dem Leiter des Firmenkundengeschäfts der Raiffeisenbank Handewitt, Dirk Asmussen.

Redaktion: Mit der Fusion beider Banken werden Firmenkunden auf die Erfahrung und das Know-how von mehr als 30 Spezialisten an Nord- und Ostseeküste zugreifen können.
Eisert:
Die neue Größe macht uns natürlich zu einem noch wichtigeren Marktteilnehmer in Schleswig-Holstein. Aber Größe alleine ist für uns nicht das entscheidende Argument. Denn besonders die starke regionale Verbundenheit unserer Banken sowie die fundierte Kenntnis aller relevanten Faktoren in unserem Geschäftsgebiet bringen viele Vorteile für unsere Firmenkund*innen. Wir verstehen ihre Geschäftsmodelle und können auf regionaler bzw. lokaler Ebene schnell im Sinne der Unternehmen handeln.
Rickertsen: Wir haben einfach Lust auf das Firmenkundengeschäft, das liegt in unserer DNA und kennzeichnet sehr stark das positive Verhältnis zu unseren Firmenkund*innen. Im genossenschaftlichen Netzwerk können wir Risiken teilen und alle Produktlösungen aus einer Hand anbieten. Dadurch können wir flexibel und passgenau auf die Wünsche unserer Firmenkund*innen reagieren und bleiben auch während einer Pandemie voll handlungsfähig.
Asmussen:
Entscheidend ist, dieselbe Sprache zu sprechen. Alle Mitarbeiter*innen in unseren Teams denken und handeln unternehmerisch und kommunizieren auf Augenhöhe mit ihren Firmenkund*innen. Und: Wir sind für die Kund*innen da, wann und wo sie uns brauchen, persönlich und digital, regional vor Ort. Dass dies wichtig ist, zeigen die vielen positiven Reaktionen unserer Kund*innen.

Redaktion: Wie sind Ihre Firmenkund*innen bisher durch die Corona-Krise gekommen?
Rickertsen:
Hier müssen wir klar differenzieren: Es gibt Kund*innen aus deneher touristisch-geprägten und den sog. „konsumnahen“ Branchen, die es deutlich härter getroffen hat als Kund*innen, die auch während der Pandemie mit nur wenigen Einschränkungen weiter arbeiten konnten. Was allerdings fehlte, war die Planbarkeit eines Geschäftsjahres wie z.B. 2019. Insgesamt können wir aber feststellen, dass es nicht so schlimm gekommen ist, wie anfänglich befürchtet. Für unsere betroffenen Kund*innen konnten und können wir bislang immer passende Lösungen finden oder entwickeln.
Eisert:
Vergessen dürfen wir dabei nicht, dass „Tourismus“ nicht nur Hotellerie und Gastronomie, sondern noch viele weitere nachgelagerte Dienstleistungen umfasst, wie z.B. Gebäudereinigungen, Wäschereien, Lebensmittel-Lieferanten u.v.m. Und alle, die vielleicht mit der Vermietung von Ferienwohnungen wichtige Nebeneinkünfte generieren, waren gleichermaßen betroffen, fielen aber teilweise durch das Förderraster.

Redaktion: Apropos Förderung – mit welchen Maßnahmen konnten Sie Ihre Kund*innen unterstützen?
Eisert:
Zu Beginn der Corona-Krise gab es natürlich viel Beratungsbedarf, ob und welche Fördermittel zur Verfügung stehen. Dank unserer engen und guten Kontakte zu den Förderbanken und der Zusammenarbeit mit den Verbundpartnern konnten wir hier schnelle und zumeist unbürokratische Lösungen für unsere Firmenkund*innen entwickeln – und tun das auch weiterhin. Denn die Förderungen wurden über den 30.06.2021 hinaus verlängert und stellen nach wie vor eine wichtige Hilfe für viele unserer Firmenkund*innen dar, die damit nicht nur Liquiditätsengpässe, sondernauch Investitionen finanzieren.
Rickertsen:
Außerdem verzeichnen wir auch 2020 ein deutliches Wachstum im Kreditgeschäft, das gerade auf unserer regionalen Ebene eine immer größere Rolle spielt. Alleine in 2020 konnten wir Firmenkundenkredite in einer Höhe von über 300 Mio. € vermitteln, was deutlich zeigt, wie hoch das gegenseitige Vertrauen zwischen unseren Firmenkund*innen und uns ist.

Redaktion: Wie haben Ihre Firmenkund*innen die Corona-bedingten Pausen genutzt?
Asmussen:
Einige Unternehmen haben diese Zeit für Umbau- und Modernisierungsmaßnahmen genutzt. Viele andere wiederum haben während der Krise potenzielle Schwachstellen in ihrer Struktur erkannt und sind diese aktiv angegangen. Hier war vor allem die Digitalisierung der internen und externen Betriebsabläufe ein wichtiges Thema.
Eisert:
Viele Unternehmen haben sich während der Pandemie quasi neu entdeckt. Und neben Aspekten wie Liquiditätssicherung und Rücklagenbildung wurde deutlich, wie wichtig eine perfekt funktionierende digitale Infrastruktur für die Bewältigung solcher Situationen ist. Beispielsweise verzeichnen wir seit 2020 deutlich mehr Nachfragen im Bereich des digitalen bzw. kontaktlosen Zahlungsverkehrs.
Rickertsen:
Aus diesem Grund bieten wir unseren Firmenkund*innen seit Anfang 2021 einen speziellen Zahlungsverkehrsberater an, der sie in der Bank oder vor Ort bei der Analyse und der Implementierung von digitalen Bezahlsystemen unterstützt. Dies geschieht natürlich immer in enger Abstimmung mit den Firmenkundenbetreuer*innen, die ihre Firmenkund*innen seit vielen Jahren bestens kennen und somit ein hohes Vertrauen genießen.

Redaktion: Gab es auch Lerneffekte durch die Pandemie?
Rickertsen:
Neben der schon angesprochenen Identifikation von potenziellen Schwachstellen und den daraus resultierenden Optimierungsmaßnahmen haben viele unserer Firmenkund*innen erkannt, wie elementar wichtig ein gutes Verhältnis zwischen Mitarbeiter*innen und Unternehmensführung ist – besonders im Bereich Tourismus. Aufgrund der unsicheren Gesamtsituation haben sich viele Beschäftigte während der Pandemie neu orientiert, so dass der Aufwand für die Personalakquise während der zeitweiligen Öffnungen immens gestiegen ist. Gut, wer hier rechtzeitig durch Personalbindungsmaßnahmen oder Kurzarbeiter-Regelungen vorbeugt und seine Sozialkompetenz unter Beweis stellt.
Asmussen:
Und es hat sich gezeigt, dass auch eine gute Vernetzung entscheidet, wie man eine Krise meistert. Wer eine gute Verbindung zur Bank, zum Steuerberater, Unternehmensberater oder auch zu anderen Unternehmern hat und pflegt, kann viele Dinge oft schneller und einfacher regeln als im Alleingang. Networking zahlt sich in jedem Fall aus, das zeigt unsere Erfahrung in der Zusammenarbeit mit unseren Firmenkund*innen.
Eisert:
Auch wir als Genossenschaftsbanken profitieren natürlich von der starken Vernetzung mit unseren Partnern im genossenschaftlichen Finanzverbund. Denn gerade in der Pandemie ging und geht es darum, über den Tellerrand hinaus gesamtheitliche Lösungen für unsere Firmenkund*innen zu entwickeln. Das hat bei uns hervorragend funktioniert, getreu der genossenschaftlichen Leitidee „Was einer alleine nicht schafft, das schaffen viele“.

Redaktion: Wie schätzen Sie die weitere Entwicklung ein? Wird es noch zu einer Insolvenz-Welle kommen?
Asmussen:
Das ist zum jetzigen Zeitpunkt natürlich schwer einzuschätzen. Denn die vielen unterstützenden Fördermaßnahmen aus 2020 und 2021 verwässern ein wenig die tatsächliche Lage.
Eisert:
Hier werden wir wahrscheinlich erst in 2022 ein klareres Bild haben. Dass es in unserer Region zu einer großen Insolvenzwelle kommt halten wir für eher unwahrscheinlich, aber einzelne Unternehmen kann es natürlich treffen.
Rickertsen:
Wir sehen in der Pandemie auch eine Chance. Denn allgemein hat sich auch in der Bevölkerung im Verlauf der Corona-Krise das Bewusstsein für Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung deutlich verfestigt. So rücken z.B. die regionale Versorgung mit Lebensmitteln sowie ein Urlaub im eigenen Land noch mehr in den Fokus als bisher – das könnte die zukünftige Entwicklung an Nord- und Ostsee positiv beeinflussen.

Eine erfolgreiche Idee gegen den Corona-Blues

Astrid Seemann von der Husumer Schlossbuchhandlung hat ihr eigenes Rezept, um als selbstständige Unternehmerin gut durch die Pandemie zu kommen. Trotz des harten Wettbewerbs durch die Filialisten sowie den Online-Buchhandel konnte sie sich schon vor der Corona-Krise gut behaupten. Während der Pandemie zeigte sie sich flexibel und setzte auf Telefon- und Onlinevertrieb. Keiner ihrer Angestellten wurde in Kurzarbeit geschickt. Ein Großteil der bestellten Bücher wurde zum Beispiel von Fahrradkurieren zu den Kund*innen in Husum gebracht. Dank des erfolgreichen Gesamtkonzeptes, individuell, flexibel und serviceorientiert auf das Kundeninteresse zu reagieren, ist es Frau Astrid Seemann im krisengeschüttelten Jahr 2020 gelungen, Umsatz und Ertrag zu steigern. Die Unternehmerin, die die Husumer Schlossbuchhandlung bereits seit über 30 Jahren erfolgreich führt, setzt damit ein positives Zeichen für die Kreativität und Tatkraft unserer regionalen Unternehmer*innen.